Biennale des Friedens revisited

Im Rahmen von PASSAGEN – Eine kleine Geschichte des Kunstvereins in den Hamburger Institutionen

DEU, Hamburg, 2017, Passagen - Eine kleine Geschichte des Kunstvereins in den Hamburger Institutionen, hier:
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Bild 1-3: Installationsansichten, Biennale des Friedens revisited, Kunsthaus Hamburg 2017, Fotos: Fred Dott
Bild 4: Robert Filou, For an Art-of-Peace Biennale: Towards a New Authenticity, Courtesy Edition Block
Bild 5: Detail von: Robert Filliou, Wanting Peace Preparing for Peace, 1985, Courtesy Edition Block


Biennale des Friedens revisited
Im Rahmen von PASSAGEN – Eine kleine Geschichte des Kunstvereins in den Hamburger Institutionen

Führungen des Kunstvereins in Hamburg
Samstag, 29. Juli 2017, 12 Uhr
Freitag, 4. August 2017, 15 Uhr
Anmeldung und Infos zum Treffpunkt unter peper@kunstverein.de


Vor über 30 Jahren hat der französische Künstler Robert Filliou (1926 – 1987) die Idee zu einer Biennale des Friedens entwickelt. Unter der künstlerischen Leitung von René Block wurde dieses ambitionierte Projekt 1985 im Kunstverein und Kunsthaus – damals noch am Ferdinandstor – in Hamburg gemeinsam realisiert. In Form eines Flugblatts wurden im Vorfeld Künstler*innen dazu aufgerufen, sich an diesem internationalen Projekt zu beteiligen:

„Dies ist ein Aufruf, die drei Stränge – KUNST, WISSENSCHAFT und WEISHEIT – wieder zusammenzuführen zu einer neuen Authentizität, die fähig sein soll, uns eine Alternative zum Verhängnis zu entwickeln.“ (Robert Filliou)

Die aktuellen politischen Verhältnisse geben Anlass genug, an die Ideen von damals zu erinnern und das Thema des Friedens aus der Perspektive eines Künstler*innenprojektes neu zu beleuchten. Mit seiner idealistischen Implikation scheint der Begriff „Frieden“ heute völlig aus der Mode gekommen zu sein. Vielmehr beherrschen die Diskussionen um „Krieg und Terror“ die medialen Debatten. Wie kommt es, dass uns der Geist der Friedensbewegungen der 1980er Jahre abhandengekommen ist? Ist der Frieden (in Europa) tatsächlich so selbstverständlich geworden? Oder ist es vielmehr die Aussichtslosigkeit im Hinblick auf globale Konflikte, die ein Engagement für den Frieden so unattraktiv macht?

Im Rahmen des 200-jährigen Jubiläums unseres Nachbarn, des Kunstvereins in Hamburg, möchten wir mit der Präsentation in unserem Foyer an die Biennale des Friedens von Robert Filliou erinnern. Nicht nur, weil es einen gemeinsamen historischen Moment beider Häuser dokumentiert, sondern weil wir der Auffassung sind, dass die Kunst auch heute in der Lage sein sollte, eine „Alternative zum Verhängnis“ vorzuschlagen – und dies auf vielfältige Weise in den beiden Institutionen immer wieder tut.

Wir präsentieren im Foyer des heutigen Kunsthaus Hamburg eine Edition, die im Rahmen der Biennale des Friedens 1985 entstanden ist und auf den Charakter der damals gezeigten Kunst verweist. So lag ein Schwerpunkt der Ausstellung auf Kunstwerken, die einen konzeptuellen, ephemeren und performativen Charakter hatten. Mit einem Eröffnungskonzert von Joseph Beuys, Henning Christiansen und Nam June Paik, einem ausstellungsbegleitenden Radio- und Konzertprogramm sowie einer umfangreichen Sektion für Mail-Art lassen sich auf inhaltlich-formaler Ebene viele Parallelen zu aktuellen künstlerischen Praktiken ziehen.

Die Ausrichtung der Ausstellung war vor allem dem Geist ihres Erfinders, Robert Filliou, geschuldet, für den Kunst und Leben keine klare Trennung kannten. Viele seiner Aktionen und Kooperationen mit befreundeten Künstler*innen können der Fluxusbewegung zugeschrieben werden und waren geprägt von Prozesshaftigkeit, Kollaborationen, Spontanität sowie auch Spiritualität. Robert Filliou war als ausgebildeter Ökonom ein Quereinsteiger und Freigeist, der sich keiner Kunstrichtung wirklich zuordnen lässt. Leben, Philosophie, Gemeinschaft und Kunst gingen in seinem Lebensalltag fließend ineinander über. In vielen seiner Ideen, Konzepte und Projekte entwickelte er spielerisch utopische Modelle, die eine alternative Gesellschaftswirlichkeit im Sinne von Solidarität, Gemeinsinn, Vielfältigkeit und Freiheit entwarfen. Robert Filliou knüpfte Zeit seines Lebens ein internationales Netzwerk aus befreundeten Kulturschaffenden und bewegte sich – aus heutiger Perspektive sehr zeitgemäß – stetig durch die Welt. Er lebte zeitweise in den USA, Kanada, Korea, Ägypten, Spanien, Dänemark, Frankreich und machte auch in Deutschland unter anderem als Gastprofessor an der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg zwischen 1980 und 1984 Station. An der Realisierung der Biennale des Friedens war er nicht mehr beteiligt, weil er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in ein buddhistisches Kloster in Frankreich zurückgezogen hatte, wo er 1987 starb.